Kinder der Küstenregion

Kinderarbeit und Menschenhandel

Die Fischerei macht 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus, 12 Prozent im landwirtschaftlichen Sektor. Jeder Zehnte ist für seinen Lebensunterhalt vom Fischereisektor abhängig. Neben dem eigentlichen Fischen gehören auch der Fischhandel, die Verarbeitung, die Vermarktung und der Transport dazu, aber auch unterstützende Tätigkeiten wie Kanureparaturen und Netzausbesserungen. Über 50.000 Kinder werden laut Angaben des ghanaischen Ministeriums für Fischerei und Entwicklung der Aquakultur als Kinderarbeiter eingesetzt, vor allem Jungen. Tausende müssen bereits ab dem vierten Lebensjahr arbeiten. Einige dieser Kinder werden als Waren gehandelt, die als billige Arbeitskräfte und Sklaven verwendet werden. Empirische Erkenntnisse deuten darauf hin, dass vor allem im informellen, privaten und kleineren Bereich des Fischereisektors Kinder von einem Ort zum anderen gehandelt werden, um zu fischen.

Fischerboote an Land

Eine Umfrage aus dem Jahr 2015 im Rahmen eines Projekts für nachhaltige Fischerei unter 35 Küstengemeinden der Zentralregion ergab, dass Kinderarbeit und Menschenhandel zum normalen Alltag gehören. Kinder werden in andere Gemeinden Ghanas oder ins Ausland verkauft oder unfreiwillig aus ihren Gemeinden genommen und als Kinderarbeiter ausgebeutet. Unter den befragten Kindern der Küstenregion ergab sich, dass 30 Prozent von ihnen regelmäßig die Schule besuchen, aber nach der Schule, während der Ferien oder am Wochenende im Fischfang tätig sind, um zum Lebensunterhalt armer Familien beizutragen. Die restlichen 70 Prozent der befragten Kinder arbeiten den ganzen Tag in Bereichen des Fischereisektors und besuchen überhaupt keine Schule. Die meisten Kinder davon sind gefährlichen Aktivitäten ausgesetzt, wie dem Tauchen unter Wasser und der Arbeit mit scharfen Werkzeugen.

Fischerboot auf dem Meer

Der Teufelskreis von Armut und Bildungsferne

Armut und die steigende Nachfrage nach billigen und flexiblen Arbeitskräften sind die Hauptgründe der Ausbeutung. Der Beinahe-Kollaps der mittelständischen Fischerei erhöht den Kostendruck nochmals. Kinder aus instabilen Familien sind besonders bedroht, da sie schon über Erfahrung in der Fischerei verfügen. Menschenhändler locken entweder heimlich kleine Kinder weg oder sie zahlen den Vorständen gefährdeter Haushalte etwas Geld. Dabei machen sie Versprechungen von Überweisungen, die selten eingehalten werden.

Jungen rennen

In der genannten Umfrage traten immer wieder dieselben Gründe zutage: Zerrüttete Familien, in denen Väter ihrer Verantwortung zur Kinderversorgung nicht nachkommen oder Familien mit Alleinerziehenden, meist Frauen, machen den Handel mit Kindern aus diesen Gemeinden einfacher, insbesondere dann, wenn sie über kein dauerhaftes Einkommen verfügen. Alleinerziehende geben ihre Kinder auch deshalb weg, weil die Kinder eine disziplinierende „Vaterfigur“ oder ein besseres Leben erhalten sollen. Geschiedene Frauen mit Kindern, die erneut heiraten, werden von ihrem neuen Partner dazu gedrängt, die Kinder der vorherigen Beziehung wegzugeben.

Junge Männer am Strand

Oft flüchten Teenager auch ohne das Wissen oder die Erlaubnis ihrer Eltern aus ihren Familien, um Hunger und Armut zu entgehen und woanders ihr Glück zu suchen. Viele Eltern konnten nicht sagen, wohin ihre Kinder gegangen waren und hatten zum Teil schon 10 bis 15 Jahre nichts mehr von ihnen gehört.

Ähnlich wie in den Metropolen findet sich eine Konsequenz aus auswärtiger Kinderarbeit und Menschenhandel in der hohen Schwangerschaftsrate bei jungen Mädchen, die außerhalb ihrer Familie anderen Männern zum Opfer fallen. Diese „Baby-Mütter“ müssen sich dann oftmals weiter für Arbeit und sexuelle Ausbeutung anbieten, ihre Kinder sind die nächsten hochgradig gefährdeten Zielgruppen des Menschenhandels.