Straßenkinder in Accra
Erosion der Familienstrukturen
In der Hauptstadt Accra schlafen Tausende von Jugendlichen, aber auch kleinen Kindern in Hauseingängen, an Bushaltestellen oder Parkplätzen. Viele sind davongelaufen, um häuslicher Gewalt oder Missbrauch zu entfliehen. Laut einer Volkszählung im Auftrag der ghanaischen Sozialfürsorge (Department of Social Welfare) im Mai 2009 wurden in der „Greater Accra Region“ insgesamt 61492 Straßenkinder gezählt, davon allein in der Metropole 50997. 1992 waren es „nur“ ca. 7000 Kinder, 2002 schon fast 20.000. Die heutige Zahl dürfte also vermutlich noch höher sein.
Wenn ihre Eltern Probleme hatten oder gar starben, haben sich früher in der Regel die unmittelbaren Familienmitglieder um die Kinder gekümmert. Der zunehmende wirtschaftliche Druck drängt aber das System der Solidarität in der traditionellen Großfamilie zurück. Immerhin ca. 7% der Straßenkinder sind wegen des Tods oder der Scheidung der Eltern in die Obdachlosigkeit geraten. Zu den weiteren häufigen Ursachen zählen Armut der Eltern oder Alleinerziehenden, elterlicher Drogen- oder Alkoholkonsum und häusliche Gewalt.
Fehlender Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung
65% der Straßenkinder sind aus ländlichen Gebieten in die Metropole gekommen, wo sie ein besseres Leben erwartet haben. 42% der Kinder waren 10 Jahre und jünger. Ca. 42% der Straßenkinder hatten die Schule abgebrochen, während 58% noch nie eine Schule besucht hatten. 70% der Straßenkinder in Ghana sind Analphabeten.
Über die Hälfte der Kinder sind Mädchen und in besonderem Maße von sexuellen Übergriffen bedroht. Viele Kinder wurden bereits von Straßenmüttern geboren, die selbst keinen Kontakt mehr zu ihren ursprünglichen Familien haben.
Die Straßenkinder haben mit massiven Gesundheitsproblemen zu kämpfen. So hatten zwei Drittel der interviewten Kinder in den letzten zwei Monaten vor der Zählung einen Malariaanfall. Sie sind den Moskitostichen besonders ausgesetzt, da sie im Freien schlafen müssen. Wetterumschwünge führen zu Erkältungen und Grippe. Verschmutzte Umgebungen ihrer Schlafplätze haben Hautkrankheiten und Infektionen zur Folge. Dazu kommen drogenbedingte oder sexuell übertragbare Krankheiten. Verschärft wird ihre Situation durch den fehlenden Zugang zu medizinischer Versorgung.
Kinderarbeit zum Lebensunterhalt
Viele Straßenkinder versuchen ihr Überleben zu sichern, indem sie als Straßenverkäufer Waren anbieten, als Geschirrspüler in den „Chop Bars“ arbeiten oder als Schuhputzer oder Träger ein wenig Geld verdienen.
Besonders Mädchen aus den nördlichen Regionen betätigen sich als Kopfträgerinnen (sogenannte „kayayei“), die einkaufenden Menschen oft stundenlang für ein Almosen folgen, um ihnen ihre sämtlichen Einkäufe hinterher zu tragen. Jungen transportieren Güter, indem sie sie auf Karren hinter sich herziehen. Kleine Kinder, die den körperlich anstrengenden Tätigkeiten noch nicht gewachsen sind, beginnen oft mit Betteln. Manche schlagen sich auch durch Diebstähle durch.